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Roman von Walter Wosp
 
  
 
 
 
 

 
 
ERSTE ÜBUNGEN

»Heute will ich den Vierfüßler probieren.«

Ich schaue Caro fragend an.

»Sie stützen sich auf die Unterarme und auf die Unterschenkel. Brust, Bauch und Oberschenkel sind in der Höhe. Geht das?«

»Alles geht«, sage ich und probiere mich auf den Bauch zu drehen. »Ähhh, vielleicht können Sie mir ein bisschen helfen«, bitte ich sie nach ein paar vergeblichen Versuchen.

Caro nimmt mich bei der rechten Achsel und Hüfte und dreht mich auf den Bauch. Ich stütze mich auf den rechten Unterarm, ziehe dann den linken nach und hebe meinen Oberkörper versuchsweise hoch. Der Rücken schmerzt etwas mehr als üblich, aber ich kann die Brust und den Bauch etwas vom Bett abheben. Ich versuche, das linke Bein anzuziehen. Ich probiere, versuche, bemühe und strenge mich an, egal, was ich mache, das linke Knie bewegt sich nicht.

Caro hebt meine Hüfte etwas hoch, ich starte einen neuen Versuch. Das linke Bein knickt im Knie ab, ich kann es etwas nach vorne ziehen. Caro nimmt mit einer Hand den Oberschenkel, zieht an und das linke Bein bildet einen rechten Winkel.

»Jetzt das Rechte«, sagt Caro. »Ich hebe Sie wieder etwas hoch.«

Ich ziehe das rechte Bein an, versuche es parallel zum linken zu bekommen.

»Ist es schon oben?«

»Sie müssen es schon anziehen«, sagt Caro.

»Habe ich doch.«

»Es hat sich keinen Millimeter bewegt.«

»Da hab ich jetzt ein Problem. Ich spüre das Bein nämlich nicht. Ich hätte schwören können, dass ich es angezogen habe.«

»Wir machen es wieder zu zweit.«

Caro nimmt meine Hüfte fester und hebt sie hoch.

»Versuchen Sie mit mir gemeinsam das Bein anzuziehen. Geht das?«

»Alles geht«, schnaufe ich und falle reaktionslos um.

»Was war das?« lacht Caro.

»Umgefallen bin ich«, sage ich und keuche wie nach einem Halbmarathon.

»Ich bewege Sie etwas durch, dann versuchen wir es noch einmal.«

»Können Sie mir einen Spiegel herschieben? Dann kann ich sehen, was die Beine machen.«

Caro holt einen großen Spiegel und rollt ihn neben das Bett. Sie dreht mich auf den Rücken, bewegt meine Zehen, die Füße, die Beine.

»Noch mal«, sage ich und versuche mich auf den Bauch zu drehen.

Caro hilft mir, ich ziehe den linken Unterarm an, dann den rechten.

»Wir beginnen mit dem linken Bein.«

Gemeinsam gelingt es, das Bein anzuziehen. Ich liege auf den beiden Unterarmen und auf dem linken Knie.

»Achtung und jetzt das Rechte.«

Ich drehe den Kopf, sehe mich im Spiegel. Caro biegt das rechte Bein ab, dann zieht sie es nach vorne. Ich versuche mitzuhelfen kann aber nicht, weil ich das Bein nicht spüre. Caro schiebt, zerrt, schiebt, zerrt, schiebt und zerrt. Ich sehe im Spiegel, dass das Bein schließlich parallel zum linken liegt. Ich sehe mich, aufgestützt auf den Unterarmen, den Knien und den Unterschenkeln. Oberkörper und Bauch sind parallel zum Bett, Oberarme und Oberschenkel stehen im rechten Winkel zum Bett.

»Na bitte,« sage ich triumphierend, drehe den Kopf so, dass ich nach vorne schaue, und falle sofort wieder um.

»Das gibt es doch nicht«, schreie ich verzweifelt.

»Wo hapert´s?«

»In dem Moment, in dem ich nach vorne schaue, glaube ich, dass der Körper total nach rechts hängt, will nach links ausgleichen und falle um.«

»Das gestörte Gleichgewicht werden Sie länger haben, wahrscheinlich wird das aber besser. Nur Geduld. Wir haben noch etwas Zeit, wollen Sie es noch einmal probieren?«

»Na klar. Aber, bitte, stellen Sie den Spiegel diesmal vorne hin.«

Caro rollt den Spiegel vor das Bett. Die Prozedur beginnt von Neuem. Schließlich stehe ich wieder auf allen Vieren.

»Ich lasse Sie jetzt aus.«

»Okay«, sage ich, hebe vorsichtig den Kopf und schaue in den Spiegel. Ich sehe, dass Caro ihre Hände von meiner Hüfte nimmt. Sofort habe ich das Gefühl nach rechts zu kippen, sehe aber, dass mein Körper gerade bleibt, und kann den Impuls, mich als Ausgleich nach links kippen zu lassen, unterdrücken.

»Jetzt aber,« sage ich glücklich.

»Super. Versuchen Sie jetzt einmal das Gewicht, aber ganz vorsichtig und nur ein bisschen, zu einer Seite zu verlagern. Schauen Sie aber weiter in den Spiegel.«

Ich bewege mich etwas nach links, etwas nach rechts. Es geht problemlos. Ich werde übermütig, mache versuchsweise die Augen zu, reiße sie aber sofort wieder auf. Mit offenen Augen kann ich das Gewicht verlagern, kaum sind die Augen zu, verliere ich sofort die Orientierung.

»Wollen Sie sich selbst niederlegen, oder soll ich helfen?«

»Ich mache es selbst, ich glaube, ich habe da einen Trick gefunden«, sage ich, schließe die Augen und falle wie vom Blitz getroffen um.

»So war es aber nicht geplant«, sagt Caro erschrocken.